2D und 3D wachsen zusammen

Microsoft Visio und Mixed Reality verbinden P&ID und reale Anlagenwelt: Mixed Reality kommt jetzt auch in der Prozessindustrie an. Ein spannender Ansatz nutzt das P&ID als Basis und koppelt das Diagramm mit der realen Anlage in einer 360-Grad-Sicht.

Im Anlagenbau werden Dokumente immer noch als PDF, DWG-Daten oder Aktenordner übergeben. Jedoch gibt es beim Kunden den Wunsch, Daten und Informationen in verschiedene Applikationen wie ERP, Betrieb oder Maintenance auf verschiedenen Endgeräten wie Mobiltelefone, Tab­lets oder Datenbrillen weiter zu nutzen. Aus diesen Anforderungen heraus entsteht eine neue Rollenverteilung im Engineering. Das Engineering versteht sich dabei als Inhaltsanbieter / Content Provider, um Inhalte für die Kunden als Inhaltskonsumenten / Content Con­sumer aufzubereiten. Das setzt ein tiefes Verständnis für den Informationsbedarf über den gesamten Lebenszyklus der Anlage voraus. Folglich steigt der Aufwand im Engineering, der sich wiederum in der Gesamtkostenbetrachtung sehr schnell amortisiert.

P&ID als Informationsdrehscheibe

Das P&ID (Piping and Instrumentation Diagram) ist die Geburtsurkunde der Prozessanlage und begleitet sie über den gesamten Lebenszyklus hinweg. Als Informationsdrehscheibe stellt das P&ID das Bindeglied zwischen Softwaresystemen und sichert die firmenübergreifende Kommunikation. Das Fundament für die Kommunikation sind internationale Standards wie ISO15926, Proteus und DEXPI. Offene Standards und die Bereitstellung der Engineering-Informationen ermöglichen den Firmen, Inhalte für ihre Ziele aufzubereiten und unabhängig zu verwerten. Ein Beispiel dafür ist ein Mixed-Reality-Szenario, in dem Bild-Daten und Informationen aus dem Fließbild in Verbindung mit einem 360-Grad-Bild der Anlage exportiert und mit Echtzeitdaten aus der Prozessleittechnik angereichert werden.

Mixed Reality verbindet die Welten

Auf den ersten Blick scheinen das völlig verschiedene Welten zu sein. Zunächst wird der Begriff Mixed Reality mit der 3D-Visualisierung assoziiert. Microsoft Visio und Mixed Reality verbinden die reale Anlagenwelt mit den Verfahrensfließbildern (P&IDs), die die Funktion der Prozessanlage zeigen. Die funktionalen Zusammenhänge einer Anlage sind in dem Gewirr von verschiedenen sich kreuzenden Rohrleitungen, Behältern, Ventilen und Pumpen nicht immer sofort ersichtlich. Ausschnitte des P&IDs werden an der jeweiligen Komponente im Mixed-Reality-Szenario eingeblendet. Insbesondere bei der Fehleranalyse kommt es aber darauf an, auf einen Blick Zusammenhänge zu erkennen, um die Gefahrenpunkte und fehlerhafte Komponenten schnell zu identifizieren. Live-Daten helfen dem Wartungsingenieur, den Status der Komponente direkt vor Ort zu erfassen und vorbereitet in die Anlage zu gehen. Die Anzeige zusätzlicher Informationen wie Beschreibung, Bedienungs-, Reparaturanleitung oder einer Wartungsanweisung spart im Büro die Suche nach dem betreffenden Ordner. Mit einem Praxisbeispiel auf der Achema zeigt das Berliner Softwareunternehmen wie Mixed Reality im Ausbildungsbereich zum Einsatz kommt. Die 360°-Bilder geben dem Anwender das Gefühl, mitten in der Anlage zu stehen. Points of Interest (POI) kleine Kugeln, die im Vordergrund von Behältern, Filtern und Pumpen zu schweben scheinen, ermöglichen die Interaktion in diesem Szenario. Durch Triggern der POI können weitere Informationen wie das P&ID oder die Live-Daten ein- und ausgeblendet werden. Der Einsatz von Mixed Reality ist besonders geeignet für Schulungszwecke, für die Vorbereitung von Wartungs- und Reparatureinsätzen oder für Streaming von Live-Bildern direkt aus der Anlage.

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